15.6.15
Sie fürchten unsere Poesie,
unser Hier und Jetzt,
unsere kollektive Solidarität.
Verneinen unsere Bilder
und erklären uns als staatsgefährdend:
„koZe bleibt!“
Am 20.4.17 sprach das Amtsgericht St.Georg sein Urteil. Angeklagt war eine koZe-Aktivistin wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte während des ersten großen Polizeieinsatzes am 27.7.15 rund um das ehemalige KITA-Gebäude Norderstraße 59 (Schule für Hörgeschädigte). Sie erhielt eine Verwarnung und eine Geldstrafe auf Bewährung, die sie nicht zahlen muss, wenn sie zwei Jahre straffrei bleibt (1). Das Strafprozessverfahren gilt als Muster für vier weitere Verfahren zum gleichen Tatbestand.
Im Laufe des Verfahrens wurde ich als Vertreter von KuNaGe e.V. zum Mietvertrag der 70 qm großen Räume (TanteMünze, Radküche) in der KITA im Juli 16 vom LKA und während der Gerichtsverhandlung am 27.1.17 als Zeuge befragt. Im Mittelpunkt der Befragungen stand neben der Frage nach dem Nutzungsrecht für das Außengelände der KITA die Frage, wann und in welcher Form der Verein „KuNaGe e.V.“ über den bevorstehenden Beginn der Asbestarbeiten in den angrenzenden Schulgebäuden vom Vermieter LIG informiert wurde.
Dabei stellte sich heraus, dass KuNaGe e.V. bewusst vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG / Finanzbehörde) in Absprache mit der Polizei (Einsatzleitung Polizeidirektor Hartmut Dudde) über den Beginn der Arbeiten sowohl zu spät wie auch zeitlich irreführend informiert wurde (2). Als Weiteres wurde vor dem Gericht geklärt, dass der Polizeieinsatz ohne Rechtsgrund stattfand, da es für den Einsatz weder einen rechtlichen Räumungstitel noch ein förmliches Amtshilfegesuch gab, wie dies Herr Dudde im Zeugenstand bekundete. Wer schließendlich für den gesetzwidrigen Polizeieinsatz verantwortlich war bzw. ist, blieb vor Gericht im Dunkeln, da der Justiziar des LIG Daniel Singh bei der Beantwortung dieser Frage auf sein Aussageverweigerungsrecht verwies.
27.7.15
Zwar überrascht uns im Viertel die gezielte Falschmeldung über den Beginn der Asbestarbeiten wenig. Zumal wir bereits nach dem ersten und zweiten Polizeieinsatz Ende August 2015 öffentlich den Verdacht äußerten, dass die massiven Polizeieinsätze unter dem Schlachtruf: „Keine zweite Flora“, gemeinsam angeheizt von CDU (Antrag Bürgerschaftsfraktion Joachim Lenders, Dennis Gladiator 9.6.15)) und Hamburger Abendblatt (9.6.15) (3), sowie die strikte Gesprächsverweigerung von SPD und Grünen mit uns gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, ausschließlich einem politischen Schlagabtausch zwischen den Parteieliten von SPD und Grünen (untereinander) einerseits und der CDU andererseits dienten.
Aber dass die Falschmeldung nur die oberste Spitze eines von der Polizei im Verbund mit dem LIG generalstabmäßig durchgeführtes Antwortgeben des Senats auf unsere Fragen nach einer partizipatorischen Stadtentwicklung „auf gleicher Augenhöhe“ war, überrascht dann doch über alle Maßen und entlarvt das massive Polizeiaufgebot am 27.7.15 von zwei Hundertschaften samt Wasserwerfer, Räumfahrzeuge, Reiterstaffel einschließlich Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) als öffentlichkeitswirksame Inszenierung staatlicher Machtarroganz (4).
27.7.15 Quelle: dpa
Als strategisch platzierter Überraschungseffekt beschrieb der Vertreter des LIG Jens Lorenzen am 9.2.17 vor Gericht den überfallartigen Polizeieinsatz am frühen Morgen, um damit möglichst die Anwesenheit von weiteren Unterstützer*innen für das Kollektive Zentrum zu verhindern. Grund dafür seien Schilder auf dem Gelände gewesen mit der Aufschrift “koZe bleibt”. Diese wiederum brandmarkte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer zur Verurteilung der koZe-Aktivistin als staatsgefährdend und begründete damit den gesetzwidrigen Polizeieinsatz am 27.7.16.
7.8.15
Ob die koZe-Aktivistin Einspruch gegen das Urteil erhebt, entscheidet sie nach dem Erhalt der schriftlichen Urteilsbegründung.
Günter Westphal 28.5.17
(1) „Widerstand an der Untergrenze“ taz v. 21.4.17:
http://www.taz.de/Urteil-gegen-Koze-AktivistInnen/!5399194/
(2) Re_ 2014-08-011-Si – SoV – Mietvertrag Norderstraße 65
(3) „Polizei warnt: In Hamburg entsteht eine neue Rote Flora“
Hamburger Abendblatt v. 9.6.15 s.: Angst 2. Flora
(4) „Sie fürchten unsere Poesie“ https://www.muenzviertel.de/?p=2953
siehe weiter: „Intransparenz, Verschleppen, Weglassen, Lügen: „Neubebauungen: Grundstück ehemalige Schule für Hörgeschädigte“ Schlüsselprojekt: „Fördergebiet Münzviertel (RISE)“ Ein chronologischer Aufriss: https://www.muenzviertel.de/?p=4131