https://www.instagram.com/p/C3k0bHKM7FN/
Foto: Holger Artus 21.2.24
Foto: Holger Artus 21.2.24
Leserbrief im HA zum HA-Artikel „Högerdamm wird umbenannt – nach zwei weiblichen Nazi-Opfern“ v.16.2.24: https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article241692322/Hoegerdamm-wird-umbenannt-nach-zwei-weiblichen-Nazi-Opfern.html
Ein Leserbrief der mich in seiner Arroganz gegenüber den beiden Nazi-Opfern Bella Spanier und Recha Lübke sprachlos macht und doch überrascht mich diese Selbstgefälligkeit wenig, wenn ich zu meinem Erschrecken und meiner Beschämung seit Jahren bzw. Jahrzehnten feststellen muss, dass die deutsche offizielle Erinnerungskultur an die unmenschlichen Verbrechen des Nazi-Deutschlands in ihrer minutiösen geplanten Grausamkeit des industriell durchgeführten Massenmords an sechs Millionen Jüdinnen und Juden mit dem jährlich stattfinden Erinnerungstagen wie z.B: am 9. Nov. an die Reichspogromnacht:
https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/reichspogromnacht-reichskristallnacht/
oder am 24 Januar an die Befreiung von Auschwitz:
längst zu inhaltsleeren öffentlichen Veranstaltungen verkommen sind. Ein jeweils heuchlerisches Ritual ohne Resonanz im bundesrepublikanischen bzw. hanseatischen Alltag*.
Unser Anlass als Stadtteilinitiative Münzviertel den ehemaligen Högerdamm in Recha-Lübke-Damm und Bella-Spanier-Weg umzubenennen ist unserem Selbstverständnis des „Nie wieder!“ als gemeinwesenorientierte Stadtteilarbeit geschuldet, welches sich in unserem Betreiben des Werkhauses Münzviertel von „innen nach außen“ widerspiegelt**.
Günter Westphal
für die Stadtteilinitiative Münzviertel
* „Einmal Backstein, immer Backstein“ über die Geschichtsvergessenheit des Hamburger Senats“: https://www.muenzviertel.de/einmal-backstein-immer-backstein-ueber-die-geschichtsvergessenheit-des-hamburger-senats/
** Der Högerdamm soll umbenannt werden. Unser Vorschlag: „Bella Spanier – Recha Lübke Straße“: https://www.muenzviertel.de/der-hoegerdamm-soll-umbenannt-werden-unser-vorschlag-bella-spanier-recha-luebke-strasse/
Fritz Höger war ein Nazi: https://www.hamburg.de/clp/dabeigewesene-begriffserklaerungen/clp1/ns-dabeigewesene/onepage.php?BIOID=391&strasse=9315
Rosenallee 11 9. Nov. 2023
https://www.muenzviertel.de/werkhaus/stolpersteine-rosenallee-11/
Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,
liebe Freundinnen und Freunde des Münzviertel,
anlässlich der Umbenennung des Högerdamm’s in Recha-Lübke-Damm und Bella-Spanier-Weg möchten wir euch gerne zu unserer Gedenkstunde für Frau Lübke und Frau Spanier einladen. Die Gedenkstunde findet am 20. Februar 2024 in Anwesenheit von Herrn Bezirksamtsleiter Neubauer HH-Mitte statt und beginnt um 17:00 im Werkhaus Münzviertel, 20097 Hamburg, Rosenallee 11, 2. Stock.
Die Enthüllung der neuen Straßenschilder durch den Bezirk HH-Mitte findet ebenfalls am Vormittag um 10:00 Uhr im Werkhaus Münzviertel statt.
Recha Lübke und Bella Spanier unterrichteten beide in der ehemaligen Volksschule für Mädchen in der Rosenallee 11. Sie waren jüdischen Glaubens. Bella Spanier wurde 1933 und Recha Lübke 1934 aus dem Schuldienst entlassen. Ermordet wurde Bella Spanier im KZ Chelmno am 10.5.1942 und Recha Lübke im KZ Auschwitz am 9.10.1944.
2002 gründeten wir in der ehemaligen Volksschule im 2. Stock in der Kantine der damaligen Jugendwerkstatt die „Stadtteilinitiative Münzviertel“ (1) und betreiben dort seit 2013 mit unserem Quartiersträgerverein „Kunstlabor naher Gegenden (KuNaGe) e.V.“ in Kooperation mit der „passage gGmbH“ das „Werkhaus Münzviertel“ (2). Eine Tagesaufhaltstätte für obdachlose Jungerwachsene in dessen Mitte die Förderung der jeweils einzelnen Werkhäuslerin oder Werkhäusler als einzigartiges individuelles Subjekt in ihrer oder seiner mitmenschlichen Beziehung zu den anderen steht (3). Es ist unser Widerstand gegenüber der Objektivierung des Einzelnen durch andere.
»Fridays for Future« zu Gast im Werkhaus, 15. Januar 2020
Groß hängt in der Mitte der Stirnseite der Werkhaus-Aula die s/w Reprofotografie des Lehrerkollegiums von 1933 mit Hinweisdaten auf Bella Spanier und Reha Lübke. Beide Lehrerinnen schauen uns an und sind mitten unter uns. Es ist ihr Haus und wir sind ihre Gäste. Sie wachen über unser Tun. Ihre Präsenz gründet unser Selbstverständnis wider das Vergessen der unmenschlichen Barbarei des Holocaust (4). Ein Selbstverständnis aktueller und dringender als je zuvor.
https://www.werkhaus-muenzviertel.de/onewebmedia/heft_no_7_Ansicht.pdf
Högerdamm 19. Juni 2022
Wir bedanken uns mit demokratischen Grüßen bei der Bezirksversammlung HH-Mitte, dass sie unseren Vorschlag (5) zur Umbenennung des Högerdamm in Recha-Lübke-Damm und Bella-Spanier-Weg mehrheitlich – gegen die Stimme der AfD-Fraktion zugestimmt hat.
(2) https://werkhaus-muenzviertel.de/ber-uns.html
(3) https://www.muenzviertel.de/kunstarbeit-im-sozialen-raum-ungebundene-zeit
“… Heute hängt die Karteikarte groß in der Mitte an der Stirnseite der Aula. Dort hängt sie seit der Eröffnung des Werkhauses. Frau Spanier und Frau Lübke sind mitten unter uns. Sie sind anwesend – eine Nähe und Ferne zugleich, ein Dazwischen im Hier und Jetzt zwischen Frau Spanier und Frau Lübke einerseits und mir als Einzelner. Ein rätselhaftes Ereignis, welches mir widerfährt, dem ich mich nicht entziehen kann, es nötigt mich zur Antwort – Frau Spanier und Frau Lübke schauen uns an: Ihr Vermächtnis: »Nie wieder«. …”: aus:
https://www.werkhaus-muenzviertel.de/onewebmedia/heft_no_7_Ansicht.pdf
https://galerierenatekammer.de
„.. „Fotografieren bedeutet teilnehmen an der Sterblichkeit, Verletzlichkeit und Wandelbarkeit anderer Menschen (oder Dinge).“ *
Vielleicht ist es dieses bewusste Teilnehmen, das die fotografische Arbeit Günter Westphals mit seiner Arbeit im sozialen Raum verbindet. Vielleicht ist es der Fotograf, der spricht, wenn er immer wieder fordert, ja manchmal vehement einfordert, sich „auf Augenhöhe“ ** zu begegnen. So könnte die Fotografie als eine Art Probierfeld betrachtet werden, als Suche nach den Möglichkeiten, Blickpunkten, Perspektiven, den situativ angemessenen Standpunkt zur Welt einzunehmen, als Übungen für ein ethisch/ästhetisches Standnehmen in der Welt und zu ihr, welches auf andere Weise im sozialen Raum in der Begegnung mit Anderen seine Wirkkraft entfaltet.
Günter Westphals Fotografien ebenso wie seine „Kunstarbeit im sozialen Raum” *** sind konsequente Erprobungen einer bestimmten Einstellung zu Welt. Sich davon erfassen zu lassen, bedeutet Teil davon zu werden. Auf Augenhöhe“
Rahel Puffert
* aus Susan Sontag: „Über Fotografie.“ Aus dem Amerikanischen von Mark W. Rien und Gertrud Baruch. München/Wien 1989. S. 9-28.
** „Auf Augenhöhe …”: https://taz.de/Kuenstler-ueber-Aesthetik-als-empowerment/!5981019/
*** „Kunstarbeit im sozialen Raum…”: https://www.muenzviertel.de/kunstarbeit-im-sozialen-raum-ungebundene-zeit/